Claudia Cardinale – Ikone des europäischen Kinos

 

Claudia Cardinale – Ikone des europäischen Kinos

Claudia Cardinale. Der Name klingt wie ein Versprechen. Italienisches Kino, große Gefühle, aber auch ein Hauch von Widersprüchlichkeit. Sie gilt als eine der prägenden Schauspielerinnen der 1960er und 70er Jahre, international bekannt und trotzdem immer ein wenig geheimnisvoll. Wer sich mit Filmgeschichte beschäftigt, kommt an ihr nicht vorbei.


Frühe Jahre: Von Tunis nach Rom

Claudia Cardinale wurde am 15. April 1938 in Tunis geboren. Damals war Tunesien französisches Protektorat, ihre Familie gehörte zur italienischen Minderheit. Ihre Kindheit war geprägt von mehreren Sprachen: zu Hause Italienisch, in der Schule Französisch und in der Öffentlichkeit Arabisch. Später erzählte sie oft, dass sie sich als Kind zwischen den Kulturen bewegte, ohne je so ganz irgendwo dazuzugehören.

Eine Kuriosität: Eigentlich wollte sie nie Schauspielerin werden. Cardinale plante ursprünglich, Lehrerin zu werden. Ihr Eintritt ins Filmgeschäft war fast ein Zufall. 1957 gewann sie in Tunis einen Schönheitswettbewerb („Die schönste Italienerin in Tunesien“) – ein Preis, der mit einer Reise nach Venedig verbunden war. Dort wurde sie von Produzenten entdeckt. Der Rest: Filmgeschichte.


Sprachprobleme und erste Filme

Anfangs sprach Claudia kaum Italienisch. Ihr Französisch war perfekt, ihr Arabisch fließend, Italienisch dagegen holprig. In den ersten Filmen musste ihre Stimme deshalb synchronisiert werden. Ein kleiner Makel, der sie aber nicht aufhielt. Ihr Debüt gab sie 1958 in „I soliti ignoti“ („Diebe haben’s schwer“), einer Gaunerkomödie von Mario Monicelli. Sie spielte eine Nebenrolle, doch das Publikum nahm sofort Notiz.

Die Karriere nahm Fahrt auf. Bald folgten Filme wie „Rocco e i suoi fratelli“ (1960) von Luchino Visconti, wo sie an der Seite von Alain Delon zu sehen war. Schon hier zeigte sich, dass sie mehr war als nur ein hübsches Gesicht. Ihre Rollen waren oft stark, eigenständig, manchmal widerspenstig.


Durchbruch mit Fellini und Visconti

Der internationale Durchbruch kam mit Federico Fellinis „8½“ (1963). Cardinale spielte darin die Frau, die für den Regisseur Guido Anselmi (Marcello Mastroianni) eine Art Traumgestalt verkörperte. Ihre Präsenz, ihre Stimme, ihre Aura machten sie unvergesslich. Fellinis Film wurde zum Kult – und mit ihm Claudia Cardinale.

Parallel arbeitete sie weiter mit Luchino Visconti, etwa in „Il Gattopardo“ („Der Leopard“, 1963), wo sie neben Burt Lancaster und Alain Delon brillierte. Das Historienepos, basierend auf Giuseppe Tomasi di Lampedusas Roman, gilt bis heute als einer der wichtigsten italienischen Filme des 20. Jahrhunderts. Cardinale spielt Angelica, die junge Frau, die durch ihre Heirat zum Symbol für gesellschaftlichen Wandel wird. Ihre Ball-Szene im weißen Kleid ist legendär.


Hollywood ruft

Die 1960er Jahre waren auch die Zeit, in der Hollywood Interesse zeigte. Claudia Cardinale spielte in internationalen Produktionen wie „The Pink Panther“ (1963) von Blake Edwards oder „Circus World“ (1964) an der Seite von John Wayne und Rita Hayworth.

Den ganz großen Sprung nach Amerika machte sie jedoch nie – anders als Sophia Loren oder Gina Lollobrigida. Sie blieb ihrer europäischen Karriere treu. Vielleicht war es genau das, was ihren Mythos nährte: halb Hollywood, halb Cinecittà.


„Spiel mir das Lied vom Tod“ – Der Western-Klassiker

1968 stand Cardinale in Sergio Leones Meisterwerk „C’era una volta il West“ („Spiel mir das Lied vom Tod“) vor der Kamera. Ihre Rolle als Jill McBain war ungewöhnlich: eine Frau, die in einer Welt aus Revolverhelden und Eisenbahnmagnaten überlebt. Leone inszenierte sie nicht als schmückendes Beiwerk, sondern als zentrale Figur. In einem Genre, das sonst Frauen kaum Platz ließ, war Cardinale eine Ausnahmeerscheinung.

Der Film war zunächst kein Kassenschlager, entwickelte sich aber über die Jahre zum Kultklassiker. Heute gilt er als einer der besten Western aller Zeiten – und Claudia Cardinale als eine der Hauptgründe dafür.


Vielseitigkeit in Europa

Die 1970er Jahre brachten eine Vielzahl von Projekten. Cardinale drehte mit Regisseuren wie Werner Herzog („Fitzcarraldo“, 1982), Damiano Damiani und Pasquale Squitieri. Letzteren heiratete sie später. Sie scheute keine schwierigen Rollen, auch nicht im anspruchsvollen Autorenkino. Gleichzeitig war sie in leichteren Produktionen zu sehen – Komödien, Dramen, Kostümfilme.

Eine bemerkenswerte Konstante: Sie ließ sich nie auf ein festes Rollenbild reduzieren. Mal die elegante Diva, mal die starke Frau vom Land, mal die tragische Figur. Diese Wandlungsfähigkeit hielt sie über Jahrzehnte im Geschäft.


Privates Leben

Claudia Cardinale war nie eine Schauspielerin, die ihr Privatleben breit in der Öffentlichkeit ausstellte. Sie hatte einen Sohn, Patrick, den sie schon als sehr junge Frau bekam. Lange Zeit verschwieg sie seine Existenz, um ihre Karriere nicht zu gefährden – ein Detail, das erst später öffentlich wurde. Später adoptierte ihr Ehemann Pasquale Squitieri Patrick offiziell.

Cardinale lebte viele Jahre in Paris, kehrte aber für Dreharbeiten immer wieder nach Italien zurück. Sie engagierte sich für Frauenrechte und gegen Gewalt an Frauen – Themen, die sie persönlich bewegten. In Interviews betonte sie oft, wie wichtig Unabhängigkeit und Selbstbestimmung für sie seien.


Späte Karriere und Ehrungen

Auch im Alter blieb Claudia Cardinale präsent. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk bei den Filmfestspielen von Venedig (1993) und einen Ehrenpreis bei der Berlinale (2002). 2011 wurde sie von der UNESCO zur Botschafterin für Frauenrechte ernannt.

Ihr Werk umfasst mehr als 120 Filme, gedreht über sechs Jahrzehnte. Eine Zahl, die für sich spricht. Viele ihrer Rollen haben Generationen von Zuschauerinnen und Zuschauern geprägt. Selbst wer nicht alle Filme kennt, erinnert sich an ihr Gesicht, ihre Stimme, ihre unverwechselbare Ausstrahlung.


Tod einer Legende

Am 27. September 2025 ist Claudia Cardinale im Alter von 87 Jahren gestorben. Die Nachricht löste weltweit Trauer aus – in Italien, Frankreich, Hollywood, überall dort, wo Kino lebt. Regisseure, Kolleginnen und Fans würdigten sie als eine Schauspielerin, die immer wieder Grenzen überschritt und ein eigenes Verständnis von weiblicher Stärke auf die Leinwand brachte.

Ihr Tod markiert das Ende einer Ära. Doch ihre Filme bleiben, auf Zelluloid gebannt, jederzeit abrufbar. Wer „Spiel mir das Lied vom Tod“ oder „Der Leopard“ sieht, begegnet ihr aufs Neue.


FAQ zu Claudia Cardinale

Wann wurde Claudia Cardinale geboren?
Am 15. April 1938 in Tunis.

Wann ist Claudia Cardinale gestorben?
Am 27. September 2025 in Paris.

Welche Sprache sprach sie ursprünglich?
Französisch und Arabisch, Italienisch lernte sie erst später.

Was war ihre bekannteste Rolle?
Unter anderem Jill McBain in „Spiel mir das Lied vom Tod“ und Angelica in „Der Leopard“.

Hat Claudia Cardinale Kinder?
Ja, einen Sohn namens Patrick.


Labels: Claudia Cardinale, italienisches Kino, 60er Jahre Film, Spiel mir das Lied vom Tod, Federico Fellini, Luchino Visconti, Filmgeschichte, Schauspielerin, Todesmeldung, Nachruf

Meta-Beschreibung: Claudia Cardinale (1938–2025) – eine der großen Ikonen des europäischen Kinos. Von Tunis nach Rom, von Fellini bis Sergio Leone. Fakten, Filme und ein Blick auf ihr Vermächtnis im internationalen Film.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die 20 größten italienischen Designer in Mailand: Eine Hommage an die Modehauptstadt

Leitfaden für Blogger und Influencer: Wie man mit Themen über Italien Traffic generiert

Silvester in Italien: Ein Fest der Farben, Familie und Traditionen